Verfrühte Heimreise – Endstation Französische Alpen
Ich hatte Lust mich langsam in meinem Van durch die französischen Alpen Richtung Deutschland treiben zu lassen, also ging es schon am Sonntagmittag, nach unserer Verabschiedung im Roten Land, in genau diese Richtung. Unterwegs schaute ich noch an einem Gewässer vorbei, an dem ich trotz guter Wetterbedingungen keine Lust verspürte zu fischen.

Mein Ziel an diesem Tag war ein Spot mitten in den Alpen, den ich durch meine App “Park4Night“ willkürlich herausgesucht hatte. Während der Fahrt begleitete mich dabei ein unschönes, permanentes Geräusch aus dem Bereich des Getriebes, dass schon seit längerer Zeit hörbar war und nach meinem Gefühl langsam zunahm. Ich hatte die Absicht, diesem Problem in der Heimat auf den Grund zu gehen. Durch die dauerhafte Berg- und Talfahrt an diesem Tag nahm das Geräusch jedoch in so rasantem Tempo zu, dass ich es nicht mehr ausblenden konnte. Im Gegenteil: Ich konnte das Radio gar nicht laut genug drehen, um es zu übertönen. Nein, ich spürte das Herunterraspeln der Zahnräder förmlich im Innenraum und merkte bei jedem Schaltvorgang, dass sich das Innere des Getriebes so langsam in seine Bestandteile auflöste. Fuck!!!
Unverhofft kommt oft
Meine geplante Route änderte sich auf schnellstem Weg direkt nach Deutschland. Weil ich fest damit rechnete, es nicht bis nach Hause zu schaffen. schließlich lagen noch ungefähr 1400 km vor mir – solange würde das Getriebe nie im Leben halten!! Zumindest über die französische Grenze wollte ich es schaffen, da ich die Kommunikation mit dem ADAC im eigenen Land für einfacher hielt. Nach circa drei Stunden Fahrt über die bergigen Alpenstraßen quittierte letztendlich das Getriebe seinen Dienst auf einer Berganfahrt und ich rollte auf einen Parkplatz am Straßenrand. Ich hatte kaum noch Vortrieb und mir war absolut bewusst, dass ich noch in Frankreich Hilfe benötigte.

Ich kontaktierte direkt den ADAC in Deutschland, der mir einen Abschleppwagen am nächsten Morgen um 9 zusicherte. Dank einer hilfsbereiten französischen Familie, schaffte ich es mit ihnen im Konvoi noch bis auf einen ebenerdigen Parkplatz etwas abgelegen vom Straßenrand. Ihre freundliche Frage ob ich etwas zu essen, trinken oder einen Schlafplatz bräuchte konnte ich dank ausgestattetem Bus verneinen. Dennoch war ich über die Herzlichkeit dieser Familie überrascht. Nicht selten bin ich auf meiner Reise durch Frankreich auf diese Art von Menschen gestoßen, die trotz teilweise einfacher Lebensverhältnisse vieles mit einem teilen würden, sofern man ihnen offen und herzlich entgegentritt.
Den von Deutschen häufig geäußerten Vorwurf, Franzosen seien unfreundlich, kann ich nach 8 Monaten, die ich mittlerweile in diesem Land verbracht habe, absolut nicht bestätigen. Kommt es zu Konflikten, muss man sich ehrlich selbst hinterfragen, ob man nicht einen Teil dazu beigetragen hat oder man in der Lage des anderen nicht ähnlich reagiert oder gehandelt hätte. Verhält man sich freundlich und offen bekommt man fast immer dieses Verhalten zurück!

Zurück nach Deutschland
Pünktlich um 9 rollte der junge französische Abschleppwagenfahrer auf den Parkplatz. Nach kurzer Kommunikation, landete der vollgeladene Bulli auf dem Schlepper und wir fuhren zum Abschleppdienst im nächsten Ort. Danke hier nochmal an dich, Alex, für das Klären des genauen Ablaufs. Für solche speziellen Themen reichte mein Französisch leider noch nicht.

Nachdem mein T5 auf dem Hof des Pannendienstes abgeladen war, fand er sich neben einem ebenfalls liegen gebliebenen deutschen Camper wieder. Nun hieß auf den Anruf vom ADAC warten, der sich im Hintergrund um einen Ersatzwagen für mich kümmerte. Die Wartezeit verbrachte ich mit einer kleinen Wanderung durch die Alpen.

Tatsächlich schaffte ich es am Abend kurz vor Ladenschluss mit einem Taxi zum Fahrzeugverleih in die nächstgelegene größere Stadt, Gap, in der ein Ersatzwagen für mich bereitgestellt wurde. Mein Bulli sollte in den nächsten 3 Wochen über den ADAC mit einem Sammeltransport nach Deutschland in meine Werkstatt geliefert werden.
Leider konnte ich aufgrund dieses ungünstigen Ausgangs die Alpenfahrt nicht wirklich auskosten, da ich mit dem Mietwagen nicht mehr autark unterwegs war und nur 2 Tage für die Rückfahrt in meine Heimatstadt zur Verfügung hatte.

Erkenntnisse
Als Ich das Nötigste für die kommende Zeit aus meiner fahrbaren Wohnung zusammensuchte und das Gepäck vor dem Auto stand, wurde mir bewusst, wie sich mein gesamter Besitz auf ein Minimum reduziert hatte. Ich brauchte nur ein paar Taschen, in denen alles Nötige war, um für lange Zeit unterwegs sein zu können. – Natürlich ohne Auto und Angelzeug, aber das muss nicht immer sein. Ein Gefühl von Freiheit und Lebendigkeit, Agilität und Flexibilität breitete sich in mir aus und machte mich unheimlich stolz und zufrieden. Das Aufgeben vieler unnötiger materieller Dinge, ein sehr sparsames minimalistisches Leben und der Weg ins Ungewisse wird auch in Zukunft mein Weg bleiben und ich hoffe diesen aktuell noch etwas ungewöhnlichen „Lifestyle“ an einige weltoffene und abenteuerliche Menschen weitergeben zu können, um das in unserer Gesellschaft stark konsum- und leistungsorientierte Denken eventuell etwas kritisch zu hinterfragen und über Alternativen nachzudenken, die völlig individuell aussehen können.
Glücklich und zufrieden machen die Anhäufungen von Besitz und Luxus nur bis zu einem gewissen Maß und meist nur kurzzeitig – das Leben bietet so viel mehr, daher lebe ich im Moment!!


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